Friday, August 26, 2016

Eva Grün - Alles wird gut. Galerie Römerapotheke, Zürich.

Eva Grün - Alles wird gut. Galerie Römerapotheke, Zürich.
Vernissage 25.08.2016.


Eva Grün - detail







Eva Grün - detail

Eva Grün - detail
The show continues until 22.10.

Text (German only).           
„Alles wird gut“ tröstet das titelgebende Versprechen der neuesten Ausstellung der Wiener Künstlerin Eva Grün, zu sehen in der Galerie Römerapotheke, Zürich und im Haus für Kunst Uri  2016. Doch das sind die Wörter die übrigbleiben in einem ansonsten geschwärzten Text. Es ist das, was uns erlaubt ist zu lesen. Es muss gut gehen, es darf nicht schieflaufen. Oder doch?
In ihrer neuen Ausstellung geht Eva Grün der Frage nach, welche Drohung hinter dem technologischen Entwicklungsimperativ steckt. Das Beunruhigende verbirgt sich im Detail, es versteckt sich im Kleingedruckten und verbirgt sich hinter schwarzen Balken. Es entfaltet sich im Moment der Katastrophe. Etwa wenn der Dampfer „Utopia“ auf ein Riff aufläuft, liegenbleibt und nun unbemannt als Mahnmal menschlicher Vermessenheit vor sich hin rostet. In den Bildern entwickelt sich ein Spiel der Doppelbödigkeiten und Untiefen. Der poetische Akt des Benennens eines Objekts befindet sich auf Kollisionskurs mit der Realität, der Name wird zum Kollateralschaden, das Wort zum ironischen Vermerk. Was in Eva Grüns Bildern zunächst kompakt gegossen, ja kolossal erscheint, zerfällt bei näherer Betrachtung in Ebenen und Plateaus, und selbst die Schichtung von Untergrund, Material und Aussage zerbirst in polarisierte, gegensätzlich aufgeladene Fragmente. Es bietet sich eine im Fernglas betrachtete Welt, die sich nur dem mikroskopischen Auge erklärt. Dieses Spannungsfeld zwingt den Betrachter dazu, sich seinen eigenen Reim zu machen, denn die Realitätscollage dockt zwar an unsere Alltagswahrnehmung an, doch wird das Alltägliche entfremdet und neu verschlüsselt. Die Headlines aus den Zeitungen und ihre besserwisserischen Serifen werden zu ironischen Zitaten, die die Verwirrung akzentuieren, statt sie zu lösen. Der stete Perspektivenwechsel lässt gegensätzliche Deutungen zu, verweigert sich aber einer letztgültigen Interpretation und fordert die Individualität des Betrachtenden heraus, ihre Merkfähigkeit und ihr Assoziationsvermögen. Wie ein Splitter, den man sich auf einer verwitterten Parkbank einzieht, prägen sich die Sinnkontraste der in kühlen Tönen gehaltenen Bilder ein.

Es ist keine theoriegemästete Kunst, die sich nur akademischer Interpretation zugänglich zeigt. Die Sinnlichkeit der Formgebung ergibt sich aus dem Wechselspiel von Monumentalität, Zärtlichkeit und prickelndem Witz. Ist es schon oder noch Ernst? Die Ambivalenz humorvoller Drohungen und offener Fragen fesseln in einer Kettenreaktion visueller Double Binds und verraten, dass dahinter eine Künstlerin steckt, die mit wachem Verstand, offenen Augen, unersättlicher Neugier und hintergründigem Charme steckt. Eva Grün entwirft das Gegenprotokoll zum technikbesoffenen Zeitgeist. Sanft und sarkastisch stellt sie in ihren geschmackvoll verwitterten und multipel chiffrierten Werken die Frage Hannah Arendts: Was verlieren wir, wenn wir gewinnen? Diese Bilder erlauben keinen Rückzug in die Kontemplation, sondern fordern Emotionsfähigkeit und die Offenheit für Affekte heraus.
Der Slogan „Alles wird gut“, taugt nach der Betrachtung der Bilder nur noch zur mantrenhaften Selbstbeschwörung , denn was Eva Grüns Kunst sicher nicht darstellt, ist die Aufforderung zu gedankenverlorener Hingabe, auch wenn die Detailvernarrtheit und die labyrinthische Vielschichtigkeit ihrer Werke zum Träumen und Alpträumen verführen und man Gefahr läuft, vom eigenen Lachen geweckt zu werden.



No comments:

Post a Comment