Vernissage 25.08.2016.
Eva Grün - detail |
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Eva Grün - detail |
Text (German only).
„Alles
wird gut“ tröstet das titelgebende Versprechen der neuesten Ausstellung
der Wiener Künstlerin Eva Grün, zu sehen in der Galerie Römerapotheke,
Zürich und im Haus für Kunst Uri 2016. Doch das sind die Wörter die
übrigbleiben in einem ansonsten geschwärzten Text. Es ist das, was uns
erlaubt ist zu lesen. Es muss gut gehen, es darf nicht schieflaufen.
Oder doch?
In ihrer neuen Ausstellung geht
Eva Grün der Frage nach, welche Drohung hinter dem technologischen
Entwicklungsimperativ steckt. Das Beunruhigende verbirgt sich im Detail,
es versteckt sich im Kleingedruckten und verbirgt sich hinter schwarzen
Balken. Es entfaltet sich im Moment der Katastrophe. Etwa wenn der
Dampfer „Utopia“ auf ein Riff aufläuft, liegenbleibt und nun unbemannt
als Mahnmal menschlicher Vermessenheit vor sich hin rostet. In den
Bildern entwickelt sich ein Spiel der Doppelbödigkeiten und Untiefen.
Der poetische Akt des Benennens eines Objekts befindet sich auf
Kollisionskurs mit der Realität, der Name wird zum Kollateralschaden,
das Wort zum ironischen Vermerk. Was in Eva Grüns Bildern zunächst
kompakt gegossen, ja kolossal erscheint, zerfällt bei näherer
Betrachtung in Ebenen und Plateaus, und selbst die Schichtung von
Untergrund, Material und Aussage zerbirst in polarisierte, gegensätzlich
aufgeladene Fragmente. Es bietet sich eine im Fernglas betrachtete
Welt, die sich nur dem mikroskopischen Auge erklärt. Dieses
Spannungsfeld zwingt den Betrachter dazu, sich seinen eigenen Reim zu
machen, denn die Realitätscollage dockt zwar an unsere
Alltagswahrnehmung an, doch wird das Alltägliche entfremdet und neu
verschlüsselt. Die Headlines aus den Zeitungen und ihre
besserwisserischen Serifen werden zu ironischen Zitaten, die die
Verwirrung akzentuieren, statt sie zu lösen. Der stete
Perspektivenwechsel lässt gegensätzliche Deutungen zu, verweigert sich
aber einer letztgültigen Interpretation und fordert die Individualität
des Betrachtenden heraus, ihre Merkfähigkeit und ihr
Assoziationsvermögen. Wie ein Splitter, den man sich auf einer
verwitterten Parkbank einzieht, prägen sich die Sinnkontraste der in
kühlen Tönen gehaltenen Bilder ein.
Es
ist keine theoriegemästete Kunst, die sich nur akademischer
Interpretation zugänglich zeigt. Die Sinnlichkeit der Formgebung ergibt
sich aus dem Wechselspiel von Monumentalität, Zärtlichkeit und
prickelndem Witz. Ist es schon oder noch Ernst? Die Ambivalenz
humorvoller Drohungen und offener Fragen fesseln in einer Kettenreaktion
visueller Double Binds und verraten, dass dahinter eine Künstlerin
steckt, die mit wachem Verstand, offenen Augen, unersättlicher Neugier
und hintergründigem Charme steckt. Eva Grün entwirft das Gegenprotokoll
zum technikbesoffenen Zeitgeist. Sanft und sarkastisch stellt sie in
ihren geschmackvoll verwitterten und multipel chiffrierten Werken die
Frage Hannah Arendts: Was verlieren wir, wenn wir gewinnen? Diese Bilder
erlauben keinen Rückzug in die Kontemplation, sondern fordern
Emotionsfähigkeit und die Offenheit für Affekte heraus.
Der
Slogan „Alles wird gut“, taugt nach der Betrachtung der Bilder nur noch
zur mantrenhaften Selbstbeschwörung , denn was Eva Grüns Kunst sicher
nicht darstellt, ist die Aufforderung zu gedankenverlorener Hingabe,
auch wenn die Detailvernarrtheit und die labyrinthische
Vielschichtigkeit ihrer Werke zum Träumen und Alpträumen verführen und
man Gefahr läuft, vom eigenen Lachen geweckt zu werden.
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